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FazendaPost zur Adventszeit

Geschätzte Leserinnen und Leser

«Ein langer, kalter Winter». So lautete die Überschrift unserer Frühlings-Post. Es mag phantasielos erscheinen, wenn wir über diese Herbst-Post einen ähnlichen Titel setzen. Doch was uns die vergangenen Monate bescherten, übertraf nicht nur in meteorologischer Hinsicht alles bisher Erlebte:

Ein an Früchten reicher Sommer

Über Wochen hinweg Beeren in Hülle und Fülle. Der uralte Kirschbaum im Klostergarten übervoll behangen mit süssen Kirschen. Man brauchte beim Vorbeigehen fast nur den Mund zu öffnen, um sich die die verlockenden Früchte einzuverleiben. Was wir nicht gleich frisch zu verzehren vermochten, ruht nun als Wintervorrat in der Kühltruhe oder wurde in der Küche zu Konfi verarbeitet. So können wir der Anfrage einer Institution gerecht werden, welche bei uns 130 Konfigläser – ergänzt durch Dörrobstsäckli – bestellt hat. Viele Produkte sind im Hofladen bereit für die Kundschaft.

Der fruchtbare Sommer hat uns somit über Monate hinweg ein abwechslungsreiches Beschäftigungsprogramm bereitet. Die Apfelhurden im Keller sind mit Kartoffeln und Äpfeln gefüllt und über 2’000 Liter feiner, biologischer Süssmost – pasteurisiert und abgefüllt in 5L-/10L-Bags – warten auf Abnehmer.

Uns freut natürlich jeder Franken, den wir mit unseren eigenen Händen erarbeiten können. Gleichermassen freuen uns die «Spenden», die uns in verschieden grossen Beträgen zugeflossen sind: «Früchte der Liebe». Ohne diese «Hilfe von Oben» und ohne die Unterstützung vieler freiwilliger HelferInnen könnten wir nicht existieren.

Und was sonst noch reift und gereift ist

Damit meinen wir nicht die vielen Baumnüsse, Kürbisse etc.

Gemeint sind vielmehr die Menschen. Sie sind ja das Herz der Fazenda. Nicht nur jene, die hier über längere Zeit in Gemeinschaft leben und arbeiten, sondern auch jene, die kurzzeitig mit uns in Kontakt kommen. Mit Freude dürfen wir feststellen, wie sie sich wohlfühlen, innerlich auftanken und meist mit frohen Gesichtern wieder weitergehen.

Unsere Hausgemeinschaft vergrössert und verringert sich periodisch. Zur Zeit umfasst sie sechs Personen, von denen drei ihr Jahr der ‘Rekuperation’ begonnen haben. Es ist ein Prozess der Heilung und Reifung mit den drei typischen Phasen von «getragen werden», «stehen» und «mittragen».

Festliche Momente

Es ist immer ein freudiges Ereingnis, wenn wir einem, der seine zwölf Monate vollendet hat, das «Diplom» überreichen dürfen. Dieses schenkt ihm das Gastrecht auf allen 140 Fazendas weltweit. Grund zur Freude ist aber dieser konkrete Mensch, der psychisch und körperlich neue Kraft gewonnen hat und nun mit gestärkter Hoffnung wieder in die Berufswelt, in eine Ausbildung und allenfalls ins Familienleben eintritt. Im Juni war es K.M., der strahlend sein Diplom entgegennahm. Wenn er das Erfolgsgeheimnis seiner Gesundung weiter pflegt, wird die Fazendaerfahrung vielfache Frucht bringen und ihm und seiner Umgebung zugute kommen.

Im vergangenen Mai war es ein ‘Ehemaliger’, der ein Jahr nach seiner Rekuperation mit seiner Verlobten heiratete. Am liebsten hätten die Beiden sich in unserer schönen Klosterkirche das Jawort geschenkt. Doch diese war für die grosse Zahl der zu erwartenden Gäste zu klein. So entschied sich das Paar, wenigsten das Hochzeitsfest nach der Trauung im grossen Klostergarten zu veranstalten. Zusammen mit unseren Leuten wurde ein grosses Zelt im Rasenfeld errichtet. Viele, nicht zuletzt die strahlende Sonne, trugen dazu bei, dass der Tag eine einzigartige Schönheit bekam und die Freude des Brautpaares alle erfasste.

Dass der Hochzeit eine Woche später gleich unser jährliches Hoffest folgte, war schon eine echte Herausforderung für unsere Fazendafamilie. Wiederum strömten von Nah und Fern weit über hundert interessierter Leute zusammen. Für die Kinder war natürlich das ‘Gumpischloss’ die Hauptattraktion nebst unseren Kleintiergehegen. Die Erwachsenen nahmen scharenweise an den Führungen teil. Freiwillige HelferInnen brachten uns die Zutaten zum Grillgut, sowie feine Dessertsachen und unterstützten uns beim Aufräumen.

Gastgeber und Gäste zugleich

Wir selber waren in den vergangenen Monaten nicht nur Gastgeber für Feste Feiernde, für Jugendgruppen, für Besucher unseres sonntägliches Hofcafé und für sehr viele Jakobspilger. Wir durften selber auch Gäste sein. Mit unserem polnischen Rekuperanten verbrachten wir nach Ostern eine Woche in Nyssa, Polen, wo wir uns an der Vorbereitung zur Einweihung der dortigen Fazenda beteiligten. Unvergessliche, erlebnisreiche Tage!

Jährlich versammeln sich zum Franziskusfest anfangs Oktober die BewohnerInnen aller 15 europäischen Fazendas in der ‘Mutter-Fazenda’ Gut Neuhof bei Berlin. Diese hat sich seit der Gründung vor 20 Jahren aus einer heruntergekommenen, im Schutt liegenden Kolchose zu einer wunderschönen Anlage entwickelt. Es war überwältigend zu erleben, wie aus dem damaligen ‘kleinen Samenkorn’ eine grosse, lebensfrohe Gemeinschaft geworden ist, ein starkes Zeugnis der Hoffnung.

Personelles

In der Fazenda liegen personelle Veränderungen in der Natur der Sache, was von allen eine grosse Flexiblität erfordert. Abgesehen von jenen, welche ihre Rekuperation abschliessen und jenen, die sie neu beginnen, gibt es auch Veränderungen auf der Ebene der Mitarbeitenden.

So ist Hilario, unser Padrinho, anfangs Oktober nach Brasilien zurückberufen worden. Seine mitleitende Präsenz auf der Fazenda hat nicht nur das Gemeinschaftsleben geprägt, sondern auch das Erscheinungsbild des Kloster im Innen- und Aussenbereich. Hilario verfügte über einen besonderen Sinn für die Harmonie, angefangen bei den blühenden Topfpflanzen bis hin zur Tischdekoration.

Thomas Huber hat sich während fast vier Jahren mit grosser Zuverlässigkeit, Umsicht und Fachkenntnis um die vielen administativen Angelegenheiten gekümmert. Er verhandelte für die Rekuperanten mit Amtsstellen, Versicherungen und dergleichen. Die Gestaltung der FazendaPost lag in seiner Hand.

Anfangs November hat Thomas Huber, wie schon angekündigt, seinen neuen Arbeitsplatz in einem Treuhandbüro angetreten.

Thomas Strahm – ausgestattet mit kaufmännischer Erfahrung und eingeführt durch Thomas Huber – hat nun die Nachfolge in der Administration antreten.

Bekanntlich ist die Klosteranlage Eigentum einer kirchlichen Stiftung. Seit Beginn hat Fridolin Eisenring, ehemals Bischöflicher Kanzler, den Stiftungsrat ehrenamtlich präsidiert. Ihm verdankt die Fazenda eine ausgezeichnete Zusammenarbeit und freundschaftliche Unterstützung in Rat und Tat. Wir danken ihm von Herzen!

Fridolin Eisenring hat im Frühjahr sein Mandat an Markus Haag, ehemals Gemeindepräsident in Wattwil weitergegeben. Mit spürbarer Motivation und Kompetenz hat dieser das Präsidium des Stiftungsrates übernommen. Er hat auch eine Homepage ins Leben gerufen, welche die Geschichte und das Gesicht der Klosteranlage bekannt macht. Die Homepage soll demnächst zugänglich gemacht werden.

Unterhalt der Klosteranlage – Erneuerung der Menschen

«Oh, ist das wunderschön hier!» «So einladend und so ursprünglich!» Solche und ähnliche Bemerkungen bekommen wir oft von Ankommenden zu hören.

Ja, es stimmt. Wir setzen viel daran, dass die bald 400 Jahre alte Klosteranlage nicht verkommt, sondern weiterhin erhalten bleibt und mit ihrer Einfachheit, Harmonie und Schönheit weiterhin Frieden und Wohlbefinden vermittelt.

Dieses Ziel bringt allerdings auch eine Menge Arbeit und einen erheblichen Kostenaufwand mit sich, für welchen wir auf Zweck bestimmte Spenden angewiesen sind. Unsere Leute sind stolz, wenn sie das Resultat ihres Einsatzes sehen: restaurierte Tore und Fensterläden, gestrichene Mauer- und Holzwände, gepflegte Rasen- und Pflanzflächen, tierfreundliche Gehege für Hühner, Enten, Kaninchen, usw.

Während andere Institutionen vielfach mit hohen Personalkosten therapeutische Beschäftigungsprogramme für ihre Klienten anbieten müssen, bietet uns die weitläufige Anlage sozusagen auf ‘natürlichem’ Wege ein abwechslungsreiches Sortiment von Arbeiten an. Und es liegt in dieser Richtung noch viel Arbeit vor uns.

Ja, man kann sich freuen über das gepflegte ‘Outfit’ der Gebäude und Flächen. Noch schöner ist jedoch die allmähliche Gesundung der Menschen, die hier in der ‘Fazenda da Esperança’ leben und durch das gemeinsam gelebte ‘Wort’ wieder Lebensfreude und Hoffnung gewinnen. Von der Sucht weg, auf die echte Erfüllung der menschlichen Sehn-Sucht zu! Das ist unser Weg und unser Ziel.

Wer allerdings meint, in der Fazenda laufe stes alles so friedlich und harmonisch ab, täuscht sich. Im Gegenteil. Hier dürfen Spannungen und Krisen zum Vorschein kommen. Es gilt sie zu integrieren, durch sie in der Liebe zu wachsen, zu reifen, statt vor ihnen zu fliehen oder ihnen aus dem Weg zu gehen.

Blick vorwärts

Auch wenn wir uns gegenseitig immer wieder ermuntern, gut im gegenwärtigen Augenblick, im JETZT, zu leben, gilt es doch gleichzeitig zu planen und vorauszuschauen.

Die Agenda 2019 beginnt sich bereits zu füllen. Fest steht u.a. das nächstjährige Hoffest, das wir auf Sonntag, den 12. Mai 2019, angesetzt haben. Vielleicht sind Sie dabei! Das würde uns sehr freuen!

Dazu kommen Weekends, Familien- und Vereinsfeiern, Betriebsausflüge, Exerzitien und viel Unvorhersehbares.

Erneut ein grosses DANKE

Zwar bemühen wir uns, durch unsere Arbeit und durch einen bescheidenen Lebensstil finanziell über die Runden zu kommen. Doch reicht das realistischerweise längst nicht, um alle anfallenden Kosten zu zahlen. Von der öffentlichen Hand fliessen uns keine Geldmittel zu. Wie schaffen wir es trotzdem? – Durch Ihre Hilfe, durch die Vielen, die uns mit Rat und Tat, materiell und geistlich unterstützen. Wir sind dafür zutiefst dankbar, Ihnen und auch dem himmlischen Vater gegenüber, als dessen liebende Vorsehung wir jede Spende und Hilfe betrachten.
In unseren Gebeten bitten wir Gott, alle, die uns auf irgendeine Weise beistehen, zu segnen und im Guten zu bestärken.

Alle Spenden und der Mitgliederbeitrag – an der Vereinsversammlung wurden für 2018 Fr. 50.- festgelegt – zu Gunsten des Fördervereins, können in der ganzen Schweiz als freiwillige Zuwendungen von den Steuern abgezogen werden. Für alle einbezahlten Beträge stellen wir Ihnen jeweils eine Spendenbestätigung zu.

  • Ein normales Kopfkissen oder ein Paar Schneeschuhe übrig? Wir können’s brauchen!

Mitglieder- und Spendenkonto:

Förderverein Fazenda da Esperança CH, Klösterli, 9630 Wattwil
Konto: 90-2722-7 IBAN: CH80 8131 7000 0051 3788 2 BIC: RAIFCH22
Raiffeisenbank Mittleres Toggenburg, 9630 Wattwil

naturtrüb oder geklärt?

So lautet unsere Frage, wenn Sie nach dem frischen Süssmost fragen. Denn in den vergangenen Wochen haben wir mehrere hundert Kilo Äpfeln und einige Birnen gesammelt und gepresst. Dies war eine wichtige, tägliche Arbeit für unsere Rekuperanten. Der Saft wurde pasteurisiert,  teilweise geklärt und in 5 bzw. 10 Liter-Boxen abgefüllt. Nun kann der fruchtige, gesunde, vitaminreiche Saft in unserem Hofladen gekauft werden. Herzlich willkommen!

junge Laufenten

Unsere Laufentenlady hat in den vergangenen Wochen wieder viel Wärme abgegeben und die gelegten Eier ausgebrütet. In der vergangenen Woche 29/2018 sind schliesslich 12 winzig kleine Entenbabys geschlüpft. Bereits jetzt sind sie im ganzen Klostergarten unterwegs und jagen Schnecken oder geniessen ein Bad in unserem Teich. Die Kleinen können ab sofort gratis abgeholt werden. Wer eine Spende hinterlassen möchte, ist dazu natürlich herzlich eingeladen. In 3-6 Monaten sind dann auch die Geschlechter sichtbar. Jetzt reservieren per E-Mail an wattwil@fazenda.ch!!

Friedliche Feststimmung im Klösterli

Bei herrlichem Sommerwetter durfte die Fazenda da Esperança am Sonntag, dem 3. Juni, ihr sechstes Hoffest im Klösterli Wattwil feiern. Das Fest startete um 10 Uhr mit der Möglichkeit zur Teilnahme an einer sonntäglichen Eucharistiefeier in der Klosterkirche. Anschliessend wurde der Grill eingeheizt und das bunte Salatbuffet eröffnet. Während des Tages bestand die Möglichkeit in die historische Geschichte des 400-jährigen Klosters einzutauchen und sich durch die verschiedenen Räume führen zu lassen. Im Schwesternchor erzählte der Hofleiter sowie ein ehemaliger Rekuperant (ein Therapieteilnehmer; auf Deutsch „sich wieder gewinnen“) berührend aus dem Alltag und dem Leben der Fazenda da Esperança. Wer sich nach einem Kaffee oder etwas Süssem sehnte, wurde bestimmt am reichhaltigen Dessertbuffet satt. Auch die Kinder wurden zum Verweilen eingeladen. Eine Hüpfburg, ein Zeichnungstisch, verschiedene Spiele, der Spielplatz aber auch die Wiese im Klostergarten beschäftigten die Kinder den ganzen Tag. Im Innenhof des über Wattwil thronenden Klösterli’s herrschte eine friedliche und fröhliche Stimmung. Wir danken den rund 250 Besuchern für ihr Kommen und Interesse an unserem Wirken. Wer nicht mitfeiern konnte oder sich vom franziskanischen Geist anstecken lies, ist immer sonntags zwischen 15 und 17 Uhr herzlich willkommen im Hofcafé.

Einstimmig mehrstimmig

Die «Nonnengesänge», welche am Wochenende vom 26. und 27. August im Kloster St.Maria der Engel aufgeführt wurden, erfreuten ein zahlreiches Publikum.

Rund 25 Frauen aus Solothurn und aus Wattwil und der Umgebung erfreuten mit glanzvollen Aufführungen der «Nonnengesänge» die zahlreichen Gäste am Samstagabend und am Sonntagvormittag. Die Sängerinnen profilierten sich unter Leitung von Rolf Bischof, der in Wattwil aufwuchs und im Toggenburg seine Kindheit erlebte. In zahlreichen Proben hatte Rolf Bischof seinen Ad-hoc-Chor sehr gut auf dieses Wochenende und auf die Aufführungen in Wattwil vorbereitet. Die «Nonnengesänge» wurden teils einstimmig und mehrstimmig a cappella vorgetragen. Im Kloster Namen Jesu in Solothurn wurde das ganze Programm ebenfalls aufgeführt.
Aus der Geschichte des Klosters

Zwischen den 14 festlich auf­geführten Werken las Margot Pfluger aus der Geschichte des Klosters Pfanneregg, das am 16. Juni 1620 durch einen Brand vollständig zerstört wurde. Der Wiederaufbau des Klosters St.Maria der Engel erfolgte später in der Wenkenrüti, am heutigen Platz. Im besonderen Mittelpunkt stand eine Frau aus Solothurn, Maria Magdalena Buri, die später als Frau Mutter in Wattwil gelebt und gewirkt hatte. Mit grossem Applaus wurden die sehr gelungenen Vorträge der Sängerinnen verdankt.

Foto & Bericht: Thomas Rüegg (redaktion@toggenburgmedien.ch)

Kurzinterview mit Life Channel

Kirche & Gesellschaft: Vom Kloster zum Hof der Hoffnung
24. Jun 2017
Vor fünf Jahren zog die Lebensgemeinschaft «Fazenda da Esperança» (Höfe der Hoffnung) ins Kloster Wattwil. Die Fazenda ist eine weltweite Gruppe von Gemeinschaften, welche 1983 in Brasilien durch engagierte Mitglieder einer katholischen Kirchgemeinde entstand.

Von Beginn weg war ihr Ziel, dass Menschen mit einer Drogen- oder Alkoholsucht frei werden und ihr Leben wieder in den Griff bekommen. In den fünf Jahren sind einige Höhe- und Tiefpunkte durchlebt worden.

Im Beitrag zu hören sind Cornel Huber (Betriebsleiter der Fazenda Wattwil) und Jürg Niggli (Geschäftsleiter der Stiftung Suchthilfe St. Gallen).

Erfolgreiche Rekuperation

Erfolgreiche Rekuperation

Im April 2015 kam ich zum ersten Mal mit der Fazenda in Kontakt. Nicht ganz freiwillig – jedoch ohne Alternative – besuchte ich mit meinem Sozialarbeiter die Wohngemeinschaft. Zuerst gegen meinen Willen verfügten die Sozialen Dienste, dass ich ein Jahr in der Fazenda zu leben habe. Ich konsumierte mehrere Dutzend Jahre Heroin und Tabak. Später nahm ich am Methadon-Programm teil und konnte so auf die «sauberere» Ersatzdroge umsteigen. Jedoch gelang es mir nie ganz auszusteigen. Mit einer Dosis von bisher täglich 10 mg trat ich am 5. Mai 2015 schliesslich in die Wohngemeinschaft ein. Während den ersten zwei Wochen konnte ich aufgrund der Entzugserscheinungen nur wenige Stunden am Stück schlafen. Ich hatte keinen Hunger und fror trotz mehreren Pullovern und Jacken. In der dritten Woche bekam ich wieder Farbe im Gesicht. Stunde für Stunde erholte sich mein Körper und ich konnte langsam wieder klar denken, besser schlafen und bekam Appetit. Während dieser Zeit begleiteten mich die drei freiwilligen Mitbewohner, wovon einer selber der kalte Entzug in Brasilien durchmachte und aus Erfahrung berichten konnte, liebe- und verständnisvoll. Ich konnte immer mehr mithelfen, Sport treiben und wurde mir meines bisherigen Lebensstils bewusst. Es wurde mir klar, dass ich diese Chance nicht «vermasseln» durfte. Ungefähr alle zwei Monate hatte ich eine Krise. Ich sehnte mich nach meiner Familie, meinen Freunden und besonders nach meinen Kindern. Nach drei Monaten konnte ich meinen ersten Besuch empfangen. Meine beiden Brüder besuchten mich. Zum grösseren hatte ich immer ein gutes Verhältnis, während ich mit dem jüngeren Bruder seit ungefähr fünf Jahren kein Wort mehr sprach. Überglücklich schloss ich die beiden in die Arme. Eine schwierige Zeit war für mich während des Ramadans und zu dessen Abschluss. Ich konnte das Fest nicht mit meiner Familie verbringen oder sie anrufen. Schreiben wollte ich nicht. Verschiedene Aufgaben wie z.B. Tiere, Garten, Pilgerunterkunft strukturierten meinen Alltag. Aufgrund meines islamischen Glaubens konnte ich mit den spirituellen Momenten wenig anfangen. Ich sass der Gruppe bei und folgte teilweise den Gesprächen. Nach acht Monaten entdeckte ich meine grosse Freude am Nähen. Die alten Nähmaschinen wurden ausgepackt und ich konnte in «meinem» Nähatelier Taschen, Schürzen, etc. nähen. Leidenschaftlich verbrachte ich sogar einige Feierabende an der Maschine. Neues zu lernen weckte Freude und gab mir ein gesundes Selbstvertrauen zurück. Viel Freizeit verbrachte ich im Fitnessraum. Ich trainierte mir viel Muskelmassen während dieses Jahres an und steigerte meine Kondition von wenigen Minuten Spazieren auf viele Minuten Joggen. Nach einem Jahr konnte ich die Fazenda verlassen. Ich nahm den aufgegleisten Termin für die Abklärung meiner Fähigkeiten wahr, um den Führerausweis wieder zu erlangen. Ich bestand den ersten Test und muss nun zur praktischen Führerprüfung antreten. Ein weiterer langersehnter Wunsch geht hoffentlich bald in Erfüllung. Als ich auf den Strassen unterwegs war, traf ich den einen oder anderen Abhängigen von Früher. Ich erzählte ihnen meine Geschichte und wollte sie zum Ausstieg aus den Drogen motivieren. Leider geht es ihnen noch immer zu gut – obwohl sie eigentlich nichts haben. Ich werde aber die Fazenda weiterempfehlen und bin dankbar, habe ich dieses Jahr – trotz meines Alters – investiert und die Chance genutzt. Meine Familie war unglaublich stolz, mich so kräftig und gesund zu sehen.

* Geschichte eines 53-jährigen ehemaligen Rekuperanten

 

Unterstützen Sie die Fazenda da Esperança mit einem Dienst (Mithilfe als Freiwillige/r, Spender/in, etc.) und ermöglichen Sie weitere Rekuperationen (sich wieder gewinnen).

Förderverein Fazenda da Esperança CH, Klösterli, 9630 Wattwil
Konto: 90-2722-7        IBAN: CH80 8131 7000 0051 3788 2          BIC: RAIFCH22
Raiffeisenbank Mittleres Toggenburg, 9630 Wattwil

FazendaPost Februar

FazendaPost 1/2016

Heute wurde die erste FazendaPost im 2016 versandt. Darin blicken wir auf ein spannendes Jahr mit Veränderungen zurück. Im Februar 2015 übernahm Roland Mühlig die Hofleitung und wurde von Luciano und Mirco unterstützt. Im Mai führten wir bei strahlendem Sonnenschein das Hoffest mit zahlreichen Besucherinnen und Besuchern durch. Es folgten zwei Formationen (interne Weiterbildungen) für die Jungs von den Fazenda-Gemeinschaften aus Deutschland und der Schweiz. Insgesamt beherbergten wir 240 Pilger und ein Dutzend Gruppen. Die Renovationsarbeiten der Klostermauer haben gestartet und die Fenster des Pächterhauses wurden neu gestrichen. All dies und noch viel mehr verdanken wir unseren treuen Freiwilligen, Spendern und Sponsoren sowie Jan Colruyt, dem bisherigen Geschäftsführer. Im Herbst 2015 übergab er die komplette Führung in Rolands Hände. In dieser FazendaPost schauen wir auf das Geschehene während den letzten vier Monaten zurück und danken Jan, Mirco und Lucas für ihr Wirken. Mirco und Lucas sind auf eine Deutsche Fazenda-Gemeinschaft weitergezogen. Es wird berichtet vom Schulbesuch in Eschenbach, der Adoray-Gruppe und einem Männerweekend auf der Fazenda aus der Pfarrei Adliswil, unserem breiten Produktensortiment, etc.

Gerne laden wir Sie auch ans Hoffest vom 29. Mai 2016 und am Vortag (28. Mai 2016) zum Klostermarkt ein. Schauen Sie vorbei. Wir freuen uns über Ihren Besuch!

Wir wünschen viel Vergnügen beim Lesen und danken für Ihr Interesse.

-> FazendaPost Februar 2016

Zeitungsartikel: Neuanfang für Drogenabhängige

Heute werden zahlreiche ehemalige Klöster weltlich genutzt, etwa als Klinik, Hotel oder Altersheim. Anlass, um einen Blick hinter die Mauern einiger solcher Häuser zu werfen,
ist die «Ittinger Saga». Eine Theater-Revue, die eine Zeitreise in die Geschichte des Kartäuserklosters bei Frauenfeld unternimmt. Das Stück wird nächste Woche in der Kartause Ittingen Premiere feiern.

Dazu wurde auch das Klösterli in Wattwil abgebildet. Nachstehend den Bericht aus dem Toggenburger Tagblatt vom 13. Februar 2016.
Zeitungsbericht im Toggenburger Tagblatt vom 13. Feb. 2016

 

Hier der ganze Artikel zum Thema Klöster mit spannender Lageübersicht:
2016.02.13_Hinter_Klostermauern-geschaut_Focus

Die Fazenda da Esperança weiht ein Heiligtum ein und öffnet die Heilige Pforte

Die Kapelle der Fazenda erhielt den Titel „Heiligtum der Hoffnung"Nach mehr als 30 Jahren Arbeit mit Drogenabhängigen hat die Fazenda da Esperança von der Kirche ein Geschenk erhalten: Die Kapelle der Fazenda erhielt den Titel „Heiligtum der Hoffnung“.

Die Einweihung des Gotteshauses fand am 30. Januar statt, in Anwesenheit des Erzbischofs von Aparecida, Raymundo Kardinal Damasceno Assis, dem Gründer der Fazenda Frei Hans Stapel, vielen Geistlichen, den Rekuperanten der Fazenda und vielen anderen Gläubigen. Die Sänger Padre Reginaldo Mansotti und Gabriel Ferreira stimmten die Pilger mit Liedern und Betrachtungen auf die Messfeier ein.

Das Heiligtum der Hoffnung befindet sich auf der Mutter-Fazenda in Guaratingutá, im Inneren des Bundesstaates São Paulo. Laut dem Fazenda Gründer Frei Hans kam die Inspiration, der Kapelle den Titel „Heiligtum der Hoffnung“ zu geben, von der Erfahrung der Menschen, die an diesem Ort die spürbare Gegenwart Gottes erfuhren. Außerdem wurde der Ort 2007 von Papst Benedikt XVI besucht, was ihn noch besonderer machte.

„Hier ist ein Ort, den die Kirche offiziell als einen Gnadenort sieht, und wo wirklich viele Leute hinkommen. Und dann begegnen sie hier den Jugendlichen. Den Jugendlichen, die eines Tages von der Gesellschaft weggeworfen wurden, eingesperrt wurden, in die Gosse, in den Drogensumpf, von denen viele nicht glaubten, dass sie sich ändern könnten. Sie sehen, dass diese Jugendlichen sie aufnehmen, dass sie sich rekuperieren. Das ist etwas Göttliches!“, sagt Frei Hans.

Kardinal Damasceno bestätigt, dass die Weihe als Heiligtum ein sehr wichtiger Moment für die Erzdiözese von Aparecida und für die Fazenda da Esperança ist. Immerhin ist es das dritte Heiligtum der Erzdiözese, neben dem Nationalheiligtum Aparecida und dem vom Heiligen Frei Galvão. „Es wird ein besonderer Pilgerort sein, ganz besonders in diesem Jahr der Barmherzigkeit“, bekräftigt der Kardinal.

Heilige Pforte des Heiligtums der Hoffnung

Das neue Heiligtum erhielt auch eine Heilige Pforte. Kardinal Damasceno feierte die Messe, und ging danach in einer Prozession zusammen mit den Gläubigen bis zum Heiligtum, wo er den Ritus zur Öffnung der Heiligen Pforte feierte.

Der Kardinal erklärte, dass das Durchschreiten der Heiligen Pforte einen symbolischen Wert habe, der wichtig sei für den Weg der Bekehrung. „Wir wollen, dass die Menschen, die durch diese Heilige Pfote gehen, eintreten in diesen Geist der Umkehr, der Erneuerung, der Bekehrung. Dass sie die Erfahrung der Liebe und der Barmherzigkeit Gottes, des Vaters, machen können. Und dass sie auch die Vergebung Gottes erfahren können, durch das Sakrament der Buße, und ihren Glauben erneuern können.“

Am gleichen Tag wurde auch das Pilgerzentrum „Schwester Odete“ eingeweiht, ein besonderer Ort für diejenigen, die die Fazenda als Pilger besuchen.

Pilgerzentrum „Schwester Odete“ Heilige Pforte des Heiligtums der Hoffnung

Quelle: http://noticias.cancaonova.com/fazenda-da-esperanca-inaugura-santuario-e-abre-porta-santa/

 

Ein Talent in der Nähstube entdeckt

Taschen

Vor einigen Wochen hat ein Rekuperant, der vor rund neun Monaten bei uns ein ‪drogenfreies Leben begann und wieder ‪Lebensfreude verspürt, sein Talent in der Nähstube entdeckt. Zuerst passte er einige Hosen an. Mittlerweile werden kleine Schreiberetuis (auch nutzbar als Schminketuis, etc.) genäht. Umhängetaschen und Handyhüllen sind geplant. Hast auch du Interesse an einer Tasche? Hast du ein Nähauftrag? Er freut sich! Schreibe eine Nachricht oder ruf an!

Gott sei Dank ist Weihnachten!

Unter diesem Titel predigte am vergangenen Sonntag der Priester Karl Stürm vor dem Open Adoray in unserem Klösterli. Die Adoraygruppen aus Uznach und Gossau, die sich regelmässig am Sonntagabend zu einer Stunde Lobpreis mit Anbetung trifft, luden ihre Besucher in Klösterli ein. Insgesamt fanden beinahe 100 Personen im Schwesternchor ein, wo in abgedunkeltem und stimmungsvollen Raum Lieder gesungen wurden. Der Impuls hielt der Priester Karl Stürm aus dem Kloster Engelberg. Während des Adorays gab es die Möglichkeit das Sakrament der Beichte zu Empfangen. Nach dem Open Adoray wurde das gemütliche Beisammensein, dem sogenannten Chillout, bei Kaffee, Tee und reichem Kuchenbuffet genossen.

Wir freuen uns auf euren nächsten Besuch!

Besuch von Fazenda Gründer Frei Hans

Am Donnerstag, den 10. Dezember kam der Gründer der Fazenda, Frei Hans Stapel, Franziskanerpater aus Paderborn, zu einem Kurzbesuch auf die Fazenda Wattwil. Er war auf der Durchreise von einem Heimatbesuch in Deutschland nach Rom, wo er am Sonntag an einer Messe mit Papst Franziskus teilnehmen würde.

Es war ein Geschenk, unseren Gründer in der Adventszeit hier zu haben. Wenn er auch nur einen Tag mit uns verbringen konnte, so war es doch eine schöne Gelegenheit, Neuigkeiten vom weltweiten Fazenda-Werk zu hören, gemeinsam über das Leben auf der Fazenda Wattwil und Pläne und Träume für die Zukunft hier zu sprechen, und vor allem, zu spüren, dass wir eine große und schöne Familie sind, die weit über die Mauern unseres Klösterlis hinausgeht.

Vor seinem Abschied am Freitag feierten wir morgens noch gemeinsam mit einigen Freiwilligen die Messe. Am Ende der Messe bat Frei Hans jeden der Anwesenden, ein bisschen von sich und seiner Erfahrung zu erzählen. Ein sehr tiefer und schöner Moment, wo deutlich wurde, wie viel Leben in und um die Fazenda Gemeinschaft herum wächst. Frei Hans war sehr froh, über diese Lebenszeugnisse, und versprach, davon auch zuhause in Brasilien zu berichten.

Besuch von Fazenda Gründer Frei Hans Stapel

Fazenda da Esperança – Hof der Hoffnung

Die Fazenda da Esperança ist eine Lebensgemeinschaft für ausgeschlossene und vernachlässigte Menschen wie ehemalige Drogen- und Alkoholabhängige. In einer Gruppe von rund 15 Personen sollen sie einen Neuanfang erlernen können, um in Eigenverantwortung im Alltag wieder Fuss zu fassen. Gegründet wurde die Organisation vor 29 Jahren in Brasilien, heute gibt es weltweit über 80 Fazendas. Die Gemeinschaft im Wattwiler Kloster Maria der Engel wird die erste in der Schweiz. Verwaltet wird sie von einem Trägerverein, dessen Vorstand sich zusammensetzt aus dem Pfarrer Christian Heim aus Deutschland als Präsident sowie dem Lichtensteiger Pfarrer Cornel Huber und Jan Colruyt. Dem Trägerverein zur Seite steht ein Beirat. Zusätzlich getragen wird die Fazenda durch den Förderverein, welchem sich Einzelpersonen, Familien, Stiftungen oder andere Gönner als Mitglied anschliessen können.

OLIVIA HUG

Quelle: http://www.toggenburgertagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/toggenburg/tt-au/Fazenda-da-Esperan%25E7a-ndash-Hof-der-Hoffnung;art233,2874275